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Bayerische Staatsoper
Otello – Oper in vier Akten - 1887

Wie ein Aufschrei zerreißt die Urgewalt des Orchesters die Stille, von einem Moment zum anderen tobt der Sturm vor der Küste Zyperns. Der Wind peitscht, Blitze zerschneiden den umtosten Himmel: Giuseppe Verdi hat den Aufruhr in den Herzen seiner Figuren in der revoltierenden Natur vorweggenommen. Seine vorletzte Oper, mit der er nach langer Schaffenspause wieder das musikdramatische Wort ergriff, packt den Hörer an der Gurgel und lässt ihn bis zum unausweichlichen Ende nicht mehr los. Wie Otello, der erfolgreiche Feldherr, sich im Intrigengespinst Jagos verfängt;

wie der unheilvolle Samen der Eifersucht gedeiht und Otellos Liebe zu seiner Frau Desdemona schon am Hochzeitstag zu zersetzen beginnt; wie Desdemona, „obwohl sie ahnt oder spürt, dass dieses Unheil auf sie zukommt und dass Otello in der Lage ist, sie aus Eifersucht umzubringen, dennoch insistiert“ (Amélie Niermeyer) – Verdi hat mit seinem Otello ein Operndrama geschaffen, wie es knapper, direkter, intensiver und schöner bis dahin nicht gekannt war und bis heute unübertroffen ist.

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Bilder: © Wilfried Hösl

1. Akt

Desdemona erwartet mit Anspannung, Angst und Vorfreude die Ankunft ihres Ehemanns Otello, der als Oberbefehlshaber der venezianischen Flotte eine große Seeschlacht zu schlagen hatte. Doch nicht alle sorgen sich um Otello. Roderigo und Jago wünschen ihm eher Schiffbruch als sichere Landung. Aber Otello ist siegreich, jedoch vom Krieg gezeichnet.

 

Jago, ein bei einer Beförderung zugunsten von Cassio übergangener Soldat Otellos, stachelt Roderigo, den einst zurückgewiesenen Verehrer von Desdemona, zur Rache an; vor allem solle er seinen angeblichen Nebenbuhler Cassio im Blick behalten. Mit dem Hinweis, dass heute die Hochzeitsnacht Otellos und Desdemonas sei und alle auf ihre Schönheit anzustoßen hätten, verleitet Jago Cassio zum Trinken. Schnell nicht mehr Herr seiner Sinne, reagiert dieser gewalttätig auf die Provokationen Roderigos und verletzt dabei Montano, einen ehemaligen Gouverneur. Erst Otello selbst kann den Streit unterbinden, degradiert Cassio und befiehlt – erbost, weil auch Desdemona vom Tumult aufgeschreckt wurde – allen, in ihre Häuser zurückzukehren. Desdemona und Otello sind erstmals seit ihrer Hochzeit wieder allein. Mit der Erinnerung an den Beginn der gemeinsamen Liebe kehrt der Wunsch und die Sehnsucht nach Zweisamkeit wieder. Desdemona glaubt, die Liebe könne alle durch Krieg geschlagenen Wunden Otellos heilen. Sie küssen sich.

 

2. Akt

Jago empfiehlt Cassio, sich an Desdemona zu wenden, um seine Stellung bei Otello wiederzugewinnen; Cassio will dem Rat folgen. In der für ihn neuen Erkenntnis, wie leicht die Menschen auf seine Intrigen eingehen, formuliert Jago ein diabolisches Bekenntnis: sein Dasein als Verkörperung des Bösen. Otello meint, Cassio bei Desdemona gesehen zu haben; mit suggestiven Nachfragen sät Jago in Otello Zweifel an dessen bisherigem Freund – gipfelnd in dem vergifteten Ratschlag, sich vor der Eifersucht zu hüten. In einer halb improvisierten Zeremonie wird Desdemona wie einer Heiligen gehuldigt. Doch als sie ihren Mann um Gnade für Cassio bittet, wittert Otello sogleich Verrat. Unwirsch wehrt er Desdemona ab und wirft dabei ihr Taschentuch zu Boden. Jagos Frau Emilia hebt es auf, und er bemächtigt sich dessen in der Absicht, damit seine Intrige durch ein Indiz zu untermauern. Otello verlangt von Jago Beweise für Desdemonas Untreue. Der berichtet, wie Cassio im Schlaf von Desdemona gesprochen habe; auch ihr Taschentuch habe er bei ihm gesehen. Otello glaubt seinen Verdacht bestätigt. Jago kann ihn sogar zum Schwur verleiten, Rache zu üben.

 

3. Akt

Nochmals setzt sich Desdemona bei ihrem Mann für Cassio ein. Dass ein falscher Verdacht ihn verblendet haben könnte, liegt außerhalb ihrer Vorstellungskraft. Otello verlangt eben jenes Taschentuch zu sehen, das Jago in seinen Besitz gebracht hat. Erzürnt darüber, dass Desdemona es verloren hat, und im Glauben, sie habe es an einen Liebhaber verschenkt, beschimpft er sie zynisch als Hure und schickt sie fort. Sein Lebensmut ist gebrochen. Jago inszeniert für den lauschenden Otello ein Gespräch mit Cassio, in dem dieser scheinbar seine Affäre mit Desdemona offenbart und sogar das Taschentuch zeigt, das Jago in seiner Wohnung platziert hat. Rasend vor Eifersucht ist Otello nun von Desdemonas Schuld überzeugt. Lodovico, venezianischer Gesandter, bringt die Nachricht von Otellos Rückberufung nach Venedig; Cassio wird zu seinem Nachfolger ernannt. Otello demütigt Desdemona. Ihr wird klar, dass ihre Beziehung zu Otello irreparabel zerbrochen ist. Jago stachelt Roderigo zum Mord an Cassio und Otello zur tödlichen Rache an Desdemona an. Otello schickt alle fort und bricht zusammen. Jago triumphiert.

 

4. Akt

Desdemona, die voll Selbstvertrauen vermeint hatte, sie könne gegen alle Widrigkeiten mit Otello glücklich werden, ist nun von dunklen Vorahnungen erfüllt. Sie singt das Lied von der Weide, das eine Dienerin ihrer Mutter einst gesungen hatte, die von ihrem Geliebten verlassen worden und daran zugrunde gegangen war. Sie betet ein Ave Maria. Otello betritt das Zimmer. Er küsst seine Frau und kündigt ihr ihren Tod an. Sie beteuert ihre Unschuld, aber Otello hört ihre Argumente nicht an. Er erwürgt sie. Emilia stürzt herein und berichtet, Cassio habe Roderigo getötet. Otello wähnt sich noch immer im Recht. Erst als Jago und Lodovico hinzukommen, kann Emilia die Intrige ihres Mannes aufdecken. Otello erkennt seinen Irrtum und ersticht sich. Im Sterben küsst er noch einmal seine tote Frau.

© Bayerische Staatsoper